Weltuntergang
Zu wem würdest du gehen? Und wohin würdest du gehen? Wen würdest du zu retten versuchen, und wo würdest du am Tag des Weltuntergangs Zuflucht suchen? Ich renne los und weiß genau, dass für mich nur ein Ort in Frage kommt. Ich laufe zu einem wunderschönen und antiken Haus, hoch über der Meeresbucht. Und ich öffne die Tür. In der Mitte der großen Küche steht ein Holztisch. Draußen vor den Fenstern scheint die Frühlingssonne auf die Meeresbucht, sie spiegelt sich strahlend hell in der Welle, die schon den ganzen Horizont unter sich begraben hat. Und ich schreie und rufe. Meine Schwester Anna, meinen Neffen Richi. Und sie kommen von irgendwoher zu mir, und ich nehme sie schnell mit unter den großen Tisch, an dem ich wer weiß wie oft gegessen und unter dem ich gespielt habe, als ich aufgewachsen bin in einem Haus, das es nicht mehr gibt, aus einer vergangenen Zeit, in einer Familie, die in alle Winde verstreut ist. Ich weiß, dass wir sterben werden, und ich bin hierhergekommen, um es mit denen zu tun, die anderswo leben, anders denken und sich sogar anders ernähren. Ich halte sie ganz dicht bei mir unter dem Tisch, als wären wir drei Kinder, die das Spiel vom Ende der Welt spielten. Und dabei empfinden wir große Erleichterung – und keine Angst.
Originaltitel: Catastrofe finale. Hörspiel von Maurizio Maggiani (ein Auszug). Gesendet am 15.10.2011 in: Il Sogno di mezzanotte, Radio Tre. Übersetzt von Stephanie Kunzemann.